Noch bis zum 10. April 2019 finden die 15. Arbeiterkammerwahlen in der Geschichte der Zweiten Republik statt. Diese Wahl nimmt der ADL-Blog heute zum Anlass, um einen Blick auf die Rolle der Arbeiterkammer (AK) und die Beteiligung an den AK-VertreterInnen-Wahlen zu werfen.
Die Kammer für Angestellte und Arbeiter – kurz: Arbeiterkammer (AK) – ist eine öffentlich-rechtliche Körperschaft. Aufgrund der gesetzlich festgeschriebenen Mitgliedschaft fast aller unselbstständig Erwerbstätigen in Österreich erreicht die Arbeiterkammer einen sehr hohen Organisationsgrad: 2017 waren nach eigenen Angaben über 3,7 Millionen der 4,26 Millionen Erwerbstätigen in der AK organisiert. Die AK ist föderalistisch in neun AK-Länderkammern organisiert, die sich mit den Belangen im jeweiligen Bundesland beschäftigen. Den Dachverband bildet die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte. Sie befasst sich mit Angelegenheiten, die das Bundesgebiet oder mehrere Bundesländer betreffen.
Die Arbeiterkammer im politischen System
Bis heute spielt die AK als Sozialpartner eine wichtige Rolle. Neben den drei anderen Sozialpartnern – Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Landwirtschaftskammer Österreich (LKÖ) und Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) – repräsentiert die Bundesarbeiterkammer in politischen Prozessen und Verhandlungen die BürgerInnen. Die AK setzt sich gemeinsam mit dem ÖGB für die Rechte und Interessen der ArbeitnehmerInnen in Verhandlungen zwischen den Sozialpartnern und mit der Regierung bzw. Verwaltung ein. Dies gilt insbesondere für wirtschafts- und sozialpolitische Fragen, aber auch darüber hinaus. Während dem ÖGB die Aushandlung der Kollektivverträge obliegt, stellt die AK Expertise bereit, gibt Stellungnahmen zu Gesetzesvorschlägen ab und erarbeitet selbst Gesetzesvorschläge. Neben der Bildung der ArbeitnehmerInnen, beispielsweise durch die Finanzierung von Bibliotheken oder spezifischen Ausbildungsprogrammen, ist die AK durch Informations- und Beratungsmaßnahmen zu unterschiedlichsten Themen, wie Miete oder Datenschutz, auch im Bereich des VerbraucherInnenschutzes tätig.
Die AK trägt außerdem zur indirekten politischen Partizipation der BürgerInnen, bei der BürgerInnen vor allem durch die Bestellung von RepräsentantInnen an politischen Prozessen teilnehmen, bei: Zum einen rekrutieren Parteien politisches Führungspersonal aus den Reihen der Kammern. Zum anderen zeichnen sich die Kammern durch innerverbandliche Demokratie aus.
Rückgang der Wahlbeteiligung bei den AK-Wahlen
Im Zuge dieser innerverbandlichen Demokratie finden alle fünf Jahre die Wahlen der AK-VertreterInnen statt. Diese werden in jedem Bundesland für die jeweilige AK mittels Bundesländerlisten durchgeführt. Die Beteiligung an den AK-Wahlen im gesamten Bundesgebiet ist seit 1949 deutlich zurückgegangen (siehe Abbildung): Während sich im Jahr 1949 noch über 80 Prozent und 1974 noch über 70 Prozent der Mitglieder beteiligten, verzeichnet die Wahlbeteiligung insbesondere seit Mitte der 1980er Jahre deutliche Einbußen. Bei der letzten AK-Wahl im Jahr 2014 lag sie lediglich bei 39,77 Prozent.
Wahlbeteiligung bei den AK-Wahlen 1949-2014
Grafik: Andrea Tony HERMANN; Anmerkungen: Angaben in Prozent; Datenquelle: Arbeiterkammer
Für die niedrige Wahlbeteiligung lassen sich unterschiedliche Erklärungsansätze finden: Die AK selbst begründet die niedrige Wahlbeteiligung damit, dass die Mitglieder mit der Arbeit der Organisation so zufrieden seien, dass ihnen die Teilnahme an Wahlen nicht nötig erscheint. Alternativ ließen sich jedoch auch die abnehmende Bedeutung der Organisation im politischen Prozess oder die Möglichkeit, dass sich die Mitglieder durch die Organisation nicht repräsentiert fühlen bzw. sich nicht mehr mit der Organisation identifizieren können, als Gründe für die Nichtwahl in Betracht ziehen.
Die derzeit laufende AK-Wahl wird zeigen, ob sich der Trend der rückläufigen Wahlbeteiligung fortsetzt, oder ob sich die Wahlbeteiligung auf niedrigem Niveau stabilisieren oder gar wieder steigen wird.