Die Demokratiezufriedenheit bleibt auf niedrigem Niveau

Auch die 10. Welle des Demokratieradars zeigt, dass die Demokratiezufriedenheit in Österreich gering bleibt. Nur mehr 58 Prozent sind der Meinung, dass die Demokratie „sehr“ oder „eher gut“ funktioniert. 40 Prozent sind hingegen der Meinung, dass die Demokratie „eher schlecht“ oder „sehr schlecht“ funktioniert.

 

Katrin Praprotnik und Isabella Juen

Damit setzt sich der Trend einer abnehmenden Demokratiezufriedenheit fort. Zu Beginn des Demokratieradars im Frühjahr/Sommer 2018 gaben noch 77 Prozent der Befragten an, mit dem Funktionieren der Demokratie im Großen und Ganzen zufrieden zu sein. Diese Werte blieben recht stabil beziehungsweise verbesserten sich zu Beginn der Corona-Pandemie sogar leicht. Einen deutlichen Einbruch in der Zufriedenheit gab es im Herbst 2021: nur mehr 60 Prozent waren mit dem Funktionieren der Demokratie zufrieden. Dieser vergleichsweise niedrige Wert blieb seitdem erhalten.

 

Unzufriedenheit nach soziodemographischen Merkmalen
Männer und Frauen unterscheiden sich nicht in der Zufriedenheit mit der Demokratie. Nach dem Alter ist es vor allem die Generation 60+, die sich deutlich zufriedener zeigt als die übrigen Generationen. Nach der formalen Bildung der Befragten zeigt sich, dass Menschen ohne Matura deutlich unzufriedener sind als Menschen, die eine Matura beziehungsweise eine weitere Ausbildung abgeschlossen haben.

 

Gründe der Unzufriedenheit
Die Politikwissenschaft beschäftigt sich seit langem damit, die Ursachen für die sinkende Demokratiezufriedenheit zu analysieren. Die Bewertung der Demokratiequalität ist eng mit der Bewertung der Prozesse und der Ergebnisse der Politik verbunden. Werden politische Prozesse als fair empfunden, dann steigt auch die Zufriedenheit mit der Demokratie. Korruptionsvorwürfe oder der Anschein von Korruption führen dazu, dass politische Prozesse eben nicht als fair wahrgenommen werden und führen zu einer geringeren Demokratiezufriedenheit. Die Ergebnisse der Politik werden anhand des wirtschaftlichen Ergebnisses beurteilt. So konnte beispielsweise während der Finanzkrise 2007/2008 ein deutlicher Rückgang der Demokratiezufriedenheit festgestellt werden.

Diese Erkenntnisse helfen dabei, die österreichischen Daten einzuordnen. Die sogenannte Inseratenaffäre beschäftigt Österreich nun seit mehr als einem Jahr. Zwar erfolgten personelle Wechsel rasch – nicht zuletzt im Bundeskanzleramt – aber die rechtliche Aufarbeitung steht weiterhin aus. Darüber hinaus verschlechterte die Teuerung die wirtschaftliche Situation vieler Haushalte. Es sind gerade jene Menschen, die angeben mit ihrem Geld nur schwer auszukommen, die unzufrieden mit der Demokratie sind.

 

Was braucht es in Zukunft?
Um die Demokratiezufriedenheit zu steigern, braucht es erstens und wenig überraschend, ehrliche transparente politische Prozesse. Auch direkt demokratische Instrumente wie beispielsweise ein Bürger*innenrat sind dazu geeignet, die Zufriedenheit  zu steigern. Zweitens bedarf es einer rechtlichen Aufarbeitung der aktuellen Korruptionsaffäre und auch eine entsprechende Geduld seitens der Bevölkerung, die der Justiz die notwendige Zeit zur ordentlichen Aufarbeitung der Affäre gibt. Dies gilt für die Bewertung der Demokratiequalität ganz allgemein. Weil eben nicht eine Person an der Spitze des Staates steht und Entscheidungen alleine fällen kann, sind Verhandlungen und Kompromisse notwendig. Das dauert, ist aber für die Allgemeinheit besser. Und Drittens braucht es Reformen im Korruptionsstrafrecht um künftige Korruption einzudämmen. Die Notwendigkeit von Reformen in diesem Bereich wird regelmäßig von NGO’s (etwa im Rahmen des Anti-Korruptionsvolksbegehrens oder im Rahmen des Demokratie-Index) und auch internationalen Messungen der Demokratiequalität (etwa jener von Freedom House) hervorgehoben. Es sind seitens der Politik auch bereits erste Schritte gesetzt worden – etwa ein strengeres Parteienfinanzierungsgesetz – aber andere wie jener zu einem Informationsfreiheitsgesetz fehlen noch. Aber auch hier darf man auf eine Reform hoffen: Die Abschaffung des Amtsgeheimnisses wurde bereits im Koalitionsabkommen versprochen und aus der Forschung ist bekannt, dass Wahlversprechen, die in das Koalitionsabkommen geschrieben wurden, auch eine höhere Wahrscheinlichkeit besitzen, umgesetzt zu werden.