Durchführende: Daniela Ingruber
Das Forschungsprojekt beschäftigt sich mit der österreichischen Bundesverfassung aus politikwissenschaftlicher und aus politischer Sicht. Untersucht wird dabei, ob eine Verfassungsreform notwendig ist, und wenn ja, in welchen Bereichen. Dazu wird eine Desk Research durchgeführt, die akademische Literatur ebenso einschließt wie soziale Medien sowie Interviews mit Politiker*innen aus Gemeinderäten, Landtagen und dem Nationalrat. Ebenso wurden juristische Expert*innen von verschiedenen Universitäten angesprochen und Storytelling-Interviews mit Bürger*innen in Österreich geführt. Ergänzend wird im Demokratieradar auf dieses Forschungsprojekt gesondert Rücksicht genommen.
Das Forschungsprojekt geht in den beiden Jahren 2020 und 2021 in die Intensivphase. Zum aktuellen Zeitpunkt kristallisiert sich folgendes Ergebnis heraus:
Bisheriges Zwischenergebnis: Es sollte aus politikwissenschaftlicher Sicht keine neue Verfassung geben, da die aktuelle nicht nur ausreicht, sondern sich gerade im Zuge der politischen Ereignisse vom Sommer 2019 und der momentanen Situation rund um Covid-19 als äußerst aktuell und funktionstüchtig erwiesen hat. Sehr wohl aber sollte es eine Modernisierung in Hinblick auf digitale und andere technologische Entwicklungen geben sowie eine Bereinigung von in den letzten Jahrzehnten hinzugefügten Verfassungsgesetzen, die inzwischen zum Teil ihre Bedeutung eingebüßt oder verändert haben. Das gesamte Miteinander in der österreichischen Republik hat sich in den letzten Jahren verändert. Darauf muss auch die Verfassung Rücksicht nehmen (können), damit sie lebendig bleibt (Fuchs 2010: 97).
Besonders betroffen von solchen Modernisierungen und „Entrümpelungen“ sind aus derzeitigem Forschungsstand die Bereiche Direkte Demokratie, Wahlrecht, die Beschreibung dessen, wer das Wahlvolk ausmacht, eine Stärkung des Parlaments sowie ein Neudenken (aber keine Abschaffung) des Bundesrates, um die Länder zu stärken, zugleich aber die Zusammenarbeit, die ohnehin bereits sehr gut in der Zusammenarbeit der Landeshauptleute (Pürgy 2010: 285) und dies nicht nur in den Länderkonferenzen funktioniert, stärker zu legitimieren. Die föderalistische Ordnung an sich stellt ein ganz essentielles Thema dieser Forschung dar. Weitere Themen, wie die Rolle des Bundespräsidenten, die Beziehungen zu internationalen Institutionen oder zur Europäischen Union, die Grund- und Menschenechte und weitere werden mitgedacht und in die Reformvorschläge eingebaut. Sie stellen allerdings aus bisherigem Untersuchungsstand nicht den Mittelpunkt der Forschung dar.
Ein weiterer Aspekt zeichnet sich schon jetzt deutlich ab: Da der österreichische Staat als Bundesstaat mit Bundesländern aufgebaut ist, kann die Bundesverfassung nicht ohne die Länderverfassungen gedacht und behandelt werden.
Zudem zeigt das Forschungsprojekt, dass nicht alles in die Bundesverfassung muss, was in Österreich strukturell reformiert werden sollte. Das würde lediglich zu einer weiteren Überfrachtung führen, wenn es doch in mehreren Bereichen eher um eine Bereinigung und Modernisierung geht. Dies erklärt auch, warum in diesem Forschungsprojekt nicht nur ein politikwissenschaftlicher sondern auch ein politischer Blick auf die Verfassung geworfen wird.
An dieser Stelle sei zudem erwähnt, dass die verschiedenen Themen zwar mit Kolleg*innen des Austrian Democracy Lab diskutiert wurden (ein Dankeschön gebührt hier Dr. Christina Hainzl und Dr. Katrin Praprotnik), die aktuellen Zwischenergebnisse als Forschungsresultate und die daraus resultierenden politikwissenschaftlichen Einschätzungen von Daniela Ingruber spiegelt.