Aufbau und Kompetenz des Bundesrats im Vergleich

Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung in der Europäischen Union lebt in einem politischen System mit zwei parlamentarischen Kammern. Die zweite Kammer ist oftmals als Länderparlament strukturiert, wird nicht direkt gewählt und übt im Vergleich zur ersten Kammer meist geringere politische Macht in der Bundesgesetzgebung aus. Der vorliegende Beitrag betrachtet den Österreichischen und den Deutschen Bundesrat im Detail.

Beide Länder haben eine zweite Kammer, die als Länderparlament angelegt ist und die die Vertretung der Interessen der einzelnen Länder bei der Bundesgesetzgebung sicherstellen soll (siehe Tabelle). Dies entspricht dem Föderalismus in den Ländern. Dennoch sind die beiden Kammern hinsichtlich ihres Aufbaus und ihrer Kompetenzen unterschiedlich. Die rechtlichen Grundlagen dafür sind in der Österreichischen Bundesverfassung beziehungsweise dem Deutschen Grundgesetz geregelt.

 

 Gegenüberstellung des Österreichischen und des Deutschen Bundesrats 

Tabelle: Katrin Praprotnik Quelle: Homepages des Österreichischen Parlaments und des Deutschen Bundesrats

Interessant ist, dass die Anzahl der Mitglieder des Bundesrates in beiden Ländern fast ident ist. Obwohl in Deutschland fast zehnmal so viele EinwohnerInnen leben, sind die beiden Institutionen mit derzeit 61 österreichischen und 69 deutschen ordentlichen MandatarInnen annähernd gleich groß. Derzeit deshalb, weil die Anzahl der Bundesratsmitglieder in beiden Ländern nicht fix ist, sondern auf Basis der Volkszählung alle zehn Jahre neu definiert wird. Die letzte Volkszählung in Österreich fand übrigens im Jahr 2011 statt und wurde erstmals als reine Registerzählung durchgeführt. Das bedeutet, dass die Daten nicht mehr mittels Fragebogen, sondern aus einer Kombination verschiedener Datenbanken wie etwa dem Zentralen Melderegister oder dem Gebäude- und Wohnungsregister erhoben werden.

In beiden Ländern werden die Bundesratsabgeordneten nicht direkt gewählt. In Österreich bestimmen die Landtage, wer sie im Bundesrat vertreten sollen. Dabei kommen jene Parteien zum Zug, die auch mit einem stärkeren Stimmengewicht im Landtag vertreten sind. Das müssen nicht unbedingt die Parteien in der Landesregierung sein. BundesratsmandatarInnen müssen auch kein Mandat, sondern lediglich ein passives Wahlrecht zum Landtag besitzen. In Deutschland ist die Situation anders. Hier bestimmen die Landesregierungen, wer aus ihrer Mitte das Land auch im Bundesrat vertreten darf. Das heißt, dass diese Personen sowohl einen Sitz in der Landesregierung (MinisterpräsidentInnen/MinisterInnen/StaatsskretärInnen beziehungsweise BürgermeisterInnen/SenatorInnen in Stadtstaaten) als auch einen Sitz im Deutschen Bundesrat haben. Sie sind in der Ausübung ihres Mandats an die Weisungen der Landesregierung gebunden und geben eine einheitliche Stimme im Interesse ihres Landes ab. Die politische Macht im Deutschen Bundesrat liegt demnach allein bei den Regierungsparteien der Länder. Oppositionsparteien der Landesparlamente haben keine Chance auf eine Vertretung im Bundesrat. Die Personalunion der Deutschen BundesratsmandatarInnen erklärt auch den Unterschied bei den Gehaltsansprüchen. Die Österreichischen Abgeordneten werden mit gut 4.000 Euro brutto bezahlt, während ihre Deutschen AmtskollegInnen, die ja ein eigenes Gehalt als Mitglieder der Landesregierung beziehen, für ihre Arbeit im Bundesrat lediglich die Reisekosten rückerstattet bekommen. Da in beiden Kammern die Abgeordneten von den Wahlen der Landtage abhängen, gibt es in keiner Kammer eine Legislaturperiode, sondern der Bundesrat tagt permanent. In Deutschland gilt der Bundesrat deshalb auch als „ewiges Organ“.

Die Zweiten Kammern haben in beiden Ländern ähnliche, im Vergleich zu den ersten Kammern geringere politische Möglichkeiten bei der Gesetzgebung mitzuwirken. Der Österreichische Bundesrat kann ein suspensives Veto einlegen. Das bedeutet, dass der Nationalrat einen Beharrungsbeschluss verfassen kann und so ein Gesetz dennoch zustande kommt. In manchen Bereichen besitzt der Österreichische Bundesrat jedoch ein absolutes Veto, und zwar immer dann, wenn (Verfassungs-)Bestimmungen die Kompetenzen der Länder berühren oder jene des Bundesrats selbst. Ähnlich ist das auch bei Staatsverträgen, die die Länderrechte betreffen oder die die Grundlagen der EU verändern. Dies ist in Deutschland ähnlich, da auch hier nur jene Gesetze, die explizit im Grundgesetz angeführt sind, der ausdrücklichen Zustimmung durch den Bundesrat bedürfen. Alle anderen Gesetze sind Einspruchsgesetze und der Bundestag kann einen abweichenden Beschluss des Bundesrats überstimmen.